Die Facebook-Schriftsteller:innen

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Die Facebook-Schriftsteller:innen

Das Entstehen einer neuen Generation nigerianischer Dichter:innen
Chibueze Darlington Anuonye

Chibueze Darlington Anuonye ist Redakteur bei World Literature Today. Er schreibt für The Hopkins Review und Transition Magazine. 2004 wurde er vom Institute of International Education mit dem Richard Horovitz Fund für seine innovativen Forschungen zur afrikanischen Literatur ausgezeichnet. Anuonyes Sammelband mit Essays, Who Gave the Order, erscheint im Oktober 2025 bei Masobe Books.

In The Lightness of Being: Re-Figuring Trends in Recent Nigerian Poetry hat der Literaturkritiker Harry Garuba das Entstehen der ersten, zweiten und dritten Generation nigerianischer Dichter:innen nachgezeichnet und die „strategischen Interventionen“ ihrer Werke hervorgehoben. In den letzten zehn Jahren stieg die Zahl neuer Dichter:innen unter vierzig Jahren, die erst noch in den Kanon der nigerianischen Poesie eingeordnet werden müssten, sprunghaft an. Diese Gruppe junger Dichter:innen hat strategisch in die nigerianische Literatur eingegriffen, indem sie das Schreiben auf Social-Media mit Facebook als wichtigster Publikationsplattform etablierte, das digitale Publizieren zum Mainstream machte, eine neue Tradition queerer, selbstbewusster und subversiver Poesie begründete und in der ganzen Welt bedeutende Literaturpreise und Auszeichnungen erntete. Dieser Artikel ist mein Versuch, den Entwicklungsschub durch diese Generation, die Arbeit dieser Facebook-Autoren hervorzuheben, die ich als vierte Generation nigerianischer Dichter bezeichne.

Die nigerianischen Facebook-Dichter:innen, die heute die Kreativbranche des Landes dominieren, sind durch digitales Self-Publishing in den sozialen Medien mit ihrer Kunst weltweit beeindruckend präsent. Die meisten dieser neuen Dichter:innen erheben trotzig ihre Stimmen und ziehen den Staat zur Rechenschaft, wenn er andersdenkende Bürger:innen diskriminiert oder „cancelt”. Der Ausdruck „neue Dichter:innen“ bedeutet nicht, dass Leute wie Romeo Oriogun, Saddiq Dzukogi und Su'eddie Vershima Agema, die drei Finalisten für den nigerianischen Literaturpreis 2022, in der Literaturszene des Landes unbekannt sind. Es ist vielmehr ein Eingeständnis, dass ihre Werke und die ihrer Zeitgenoss:innen – wie Gbenga Adesina, Ebenezer Agu, JK Anowe, Nome Patrick, Hauwa Shaffii Nuhu, Itiola Jones, Adedayo Agarau, Chisom Okafor, Chibuihe Obi-Achimba, Logan February und andere – außerhalb des digitalen Raums fast unsichtbar sind und von Kritikern und Lehrenden der nigerianischen Poesie trotz ihrer strategischen Interventionen in der Regel ignoriert werden. Garuba erklärt, dass „durch strategische Interventionen ein Element der Anfechtung in das [literarische] Feld bringen, indem sie die Grundannahmen, die die Produktion innerhalb des Feldes geleitet haben, in Frage stellen und, wenn sie erfolgreich sind, die Prämissen und Praktiken, die sie aufrechterhalten haben, neu schreiben“. Dies legt nahe, dass eine Gruppe nigerianischer Dichter:innen, um als Generation anerkannt zu werden, in ihren Werken die nigerianische Erfahrung – privat und öffentlich, innerhalb und außerhalb des Landes – in einem Stil wiedergeben sollte, der sich entweder vom Schreiben früherer Generationen unterscheidet oder es bemerkenswert verbessert. Ich verwende den Begriff „Generation“ sehr locker, da ich mir der Kontroversen bewusst bin, die mit der Einordnung einer Gruppe von Künstler:innen in eine endgültige und definitive Form verbunden sind. Der Maßstab, an dem sich die Konzeptualisierung dieser neuen Generation nigerianischer Dichter:innen orientiert, umfasst das Alter, den Zeitraum der Veröffentlichung und unbewusst geteilte thematische und stilistische Tropen. Die Dichtenden, deren Werke hier vorgestellt werden, sind nach 1980 geboren und teilen ähnliche soziale Erfahrungen.

Die moderne nigerianische Dichtung entwickelte sich aus Afrikas Erfahrung mit dem europäischen Kolonialismus. Zu einer Zeit, als das Lied von Freiheit und Unabhängigkeit durch die Weiten des Kontinents schallte, schrieben nigerianische Dichter des frühen 20. Jahrhunderts, die auch als Politiker tätig waren, Gedichte, in denen sie die Vorzüge der afrikanischen Landschaft und ihrer Völker priesen. Für sie war die Poesie eine Antwort auf die Unmenschlichkeit des Kolonialismus, ein Mittel, um die Selbstbestimmung im Kampf um die Unabhängigkeit von den europäischen Kolonialmächten zu behaupten. Diese koloniale Phase der nigerianischen Poesie war geprägt von den Versen politischer Dichter wie Denis Osadebay und Nnamdi Azikiwe, die laut Garuba nur für das chronologische Studium der Geschichte der nigerianischen Poesie von Bedeutung sind. Für Garuba sind diese Dichter „Pioniere“, aber er räumt ein, dass ihr Werk, das bis in die 1940er Jahre hinein entstanden ist, keinen literarischen Wert besitzt. Die Dichtung der Pioniere diente lediglich dem Zweck, die Ideale der Selbstverwaltung zu initiieren. Azikiwes Gedichte beispielsweise stammen aus seiner Zeit als Aktivist an der Lincoln University, und Osadebays Gedichte veranschaulichen die Phase zunehmenden afrikanischen Selbstbewusstseins und der Notwendigkeit, dass die Afrikaner ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.

Das nationalistische Anliegen der Pionier:innen zeigt sich auch in den Werken nigerianischer Dichter:innen der ersten Generation wie Gabriel Okara, Christopher Okigbo und Wole Soyinka. Diese Dichter, die Garuba als „modernistische Nationalisten“ bezeichnet, setzten den nationalistischen Kampf durch eine kulturelle Revolution fort. Während das koloniale Projekt seine Legitimität durch die Falschdarstellung und Diffamierung der Geschichte und Traditionen der Kolonien suchte, schöpften diese Dichter neu aus dem ererbten Kreativreichtum ihrer traditionellen Kulturen, um diese rassistische und kulturelle Diffamierung anzufechten, das beschädigte Bild von ihnen neu zu gestalten und das neu geschaffene Bild als unanfechtbare nationale Identität zu bekräftigen. In Abkehr von der nachahmenden Pionierskunst fanden die Dichtenden der ersten Generation Inspiration und Material für ihr Schaffen in den Erzählungen, Mythen und Ritualen ihrer einheimischen mündlichen Traditionen. In Kunst, Dialog und Empörung merkt Soyinka an, dass sich seine Dichtung aus den ästhetischen Elementen seiner Yoruba-Kultur herleitet. Für Soyinka steht es dem Dichtenden frei, auf der Suche nach einem für sich stimmigen Modell des kreativen Ausdrucks verschiedene kulturelle und historische Hintergründe zu erforschen. Soyinka und Clark gelingt in ihren jeweiligen Abiku-Gedichten eine bemerkenswert intensive Auseinandersetzung mit der einheimischen afrikanischen Kultur.

Der kulturelle und nationalistische Enthusiasmus der 1950er bis 60er Jahre wich der wachsenden Desillusionierung gegenüber dem politischen Establishment im Nigeria nach der Unabhängigkeit. Dies eröffnete den nigerianischen Dichtern der zweiten Generation, die Garuba als „marxistische Nationalisten“ bezeichnet, die Möglichkeit, sich mit den Versäumnissen der herrschenden Klasse des Landes auseinanderzusetzen. Der nigerianische Bürgerkrieg vertiefte die Enttäuschung dieser Dichter:innengeneration und bewirkte den Zusammenbruch der nationalistischen und gemeinsamen Rhetorik der vergangenen Generation. Aus diesem Grund neigten Dichter der zweiten Generation wie Niyi Osundare, Tanure Ojaide, Odia Ofeimun und andere dazu, sich angesichts der Inkompetenz und des politischen Missmanagements, die der Fluch der nigerianischen Politik sind, nach Wahrheit zu sehnen. Auch Catherine Acholonu, eine der maßgeblichen Poetinnen dieser Generation, fehlt in Garubas Einschätzung. In ihrer 1985 erschienenen Sammlung Nigeria in the Year 1999 werden die Folgen des Bürgerkriegs für die Bürger:innen des Landes noch lange nach dem Ende der Kämpfe dargestellt.

In „Bayonets and the Carnage of Tongues“ (dt. etwa „Bajonette und das Gemetzel der Zungen“) argumentiert Isidore Diala, dass Dichter:innen in einem Staat, der von einem Militärdespoten kontrolliert wird, von Natur aus zum Bildersturm neigen. Indem er seine Grundthese in den Vordergrund stellt, dass es aufgrund der Natur der „Wahrheit“ des Dichtenden und der tyrannischen Hegemonie des Despoten immer einen ewigen Kampf zwischen dem bewussten Dichter und dem politischen Despoten gibt, deutet er an, dass die Machtlosigkeit des Dichtenden ihm oder ihr ein paradoxes Potenzial für Heldentum im Angesicht der Unterdrückung bietet. Dialas Beobachtung ist typisch für nigerianische Dichter:innen der dritten Generation. In den späten 1980er Jahren erlebte diese Generation den Aufstieg von Dichter:innen wie Esiaba Irobi, Emman Shehu, Remi Raji, Chris Abani und Unoma Azuah, die sich, wie Garuba es ausdrückt, „auf dem konfliktreichen Terrain des Ungelösten aufhalten und Inkohärenzen, Widersprüche und Vielfältigkeit anerkennen, ohne die Auflösung und Kohärenz zu suchen, die eine große Erzählung bietet.“ Garubas Beschreibung passt auf Irobi, dessen Biografie auf sein umkämpftes Identitätsgefühl hinweist. Auch das Leben und die Poesie von Azuah, der queeren Schriftstellerin und Aktivistin, die während des Krieges als Sohn eines nigerianischen Soldaten und einer Igbo-Mutter geboren wurde, widersprechen der Heteronormativität der nigerianischen Gesellschaft.

Nach ihrem Kampf mit Worten und da sie unmittelbar keine Veränderung in ihrer Gesellschaft bewirkt hatten, flohen die Dichter:innen der dritten Generation angesichts der staatlicherseits geförderten Brutalität des Militärs, die die 1980er und 1990er Jahre prägten, vor ihren Peinigern und migrierten in den Westen. So ist es nicht verwunderlich, dass Azuah noch immer in den USA lebt, dass Irobi in Deutschland gestorben ist und Adesanmi bis zu seinem Tod in Kanada lebte. Garubas Aufsatz behandelt eine beeindruckende Reihe von Gedichtbänden, die bis 2001/2002 erschienen sind, darunter Uche Ndukas Belltime Letters (2000), Godwin Edes gesammelte Gedichte Collected poems: A Writer's Pains (2001) und Caribbean Blues (2001) sowie Lola Shoneyins Song of a Riverbird (2002). Ich werde mich nun auf die Werke junger nigerianischer Dichter:innen konzentrieren, die nicht vor 2010 auf Facebook, in digitalen und traditionellen Magazinen und in Büchern veröffentlicht wurden.

Eine der bemerkenswertesten strategischen Interventionen der nigerianischen Dichter:innen unter vierzig ist, dass sie die literarische Tradition der sozialen Medien in der nigerianischen Poesie begründeten und das digitale Publizieren im Land radikal ausweiteten. Shola Adenekan, der über den Einfluss der digitalen Technologie auf die afrikanische Literatur im heutigen Kenia und Nigeria schreibt, macht eine ähnliche Beobachtung in einem Kommentar, dass „einige der aufstrebenden Stimmen wie der nigerianische Dichter Romeo Oriogun zuerst in den sozialen Medien eine beachtliche Aufmerksamkeit und eine große Anhängerschaft fanden, bevor die Buchverlage auf sie aufmerksam wurden“. Oriogun und seine Generation teilen ihre veröffentlichten Gedichte nicht nur in den sozialen Medien, sie veröffentlichen ihre Werke auch auf diesen Plattformen. Orioguns Dankesnachricht auf Facebook, als er den nigerianischen Literaturpreises 2022 erhielt, unterstreicht die zentrale Bedeutung von Facebook für das Aufkommen dieser neuen Generation: „Ich habe hier angefangen zu schreiben und mit anderen Dichtern an meinem Handwerk gearbeitet, und so kehre ich an diesen Ort zurück, um allen zu danken, die mich unterstützt haben, seit ich mein erstes ‚Labake‘-Gedicht veröffentlicht habe.“ In „Labake“, das im August 2014 auf Facebook erschienen war, schreibt Oriogun über das endlose Pulsieren der Liebe, das einen Liebenden untrennbar an seine Geliebte bindet. Der Protagonist des Gedichts, ein Schriftsteller, gesteht, dass Labakes Abwesenheit seine Kreativität lähmt und ihn einsam macht. Das Einzige, was sein gequältes Leben und sein inaktives Schreiben wiederbeleben könne, sei ihre Anwesenheit. Für das Werk eines Anfängers überraschend, erfüllt „Labake“ Wordsworths Ideal der Poesie, wonach Gefühlen Vorrang vor den Gedanken einräumt wird, durch das hemmungslose Liebes- und Sehnsuchtsgeständnis des lyrischen Ichs: „Meine Feder ist nutzlos, denn sie schreibt nur deinen Namen. Lass mich dir die Farbe der Liebe zeigen, denn mein Herz ist damit bemalt und die Chroniken der Liebe sind auf meine Handflächen geschrieben.“

Wie Oriogun erinnert sich auch Samuel Adeyemi, ein Mitglied dieser neuen Dichter:innengeneration, dessen erster Gedichtband Rosh Ash kürzlich vom African Poetry Book Fund veröffentlicht wurde, gerne an seine Anfangsjahre als Künstler, in denen er in den sozialen Medien schrieb und veröffentlichte: „Ich beschloss, meine Gedichte im Jahr 2020, während des Lockdowns, bei Literaturzeitschriften einzureichen. Aber vor dem Wahnsinn und dem Glamour lokaler und internationaler Veröffentlichungen war es auf Facebook (und Instagram), wo ich meine Gedichte teilte.“ Für Adeyemi war die nachhaltigste Wirkung seiner literarischen Aktivitäten auf Facebook vor der Pandemie die Gemeinschaft von Leser:innen und Freund:innen, deren Kritik und Lob wesentlich zu seiner kreativen Entwicklung beitrugen. Faszinierend ist auch das Beispiel von Rasaq Malik Gbolahan, der in einem leidenschaftlichen Versuch, die Ernsthaftigkeit des dichterischen Tuns zu beschreiben, auf Facebook bemerkte, dass es beim Schreiben „nicht darum geht, auf Facebook zu kommen und uns mit deinen Gedichten zu bombardieren“. Gbolahans Beitrag, ein Plädoyer für eine geduldige künstlerische Reifung, unterstreicht den symbolischen Status von Facebook als Anlaufstelle für die Dichter:innen seiner Generation und die förderliche, kameradschaftliche und kritische Kultur, die die Plattform bietet. Darüber hinaus veröffentlichte Gbolahan 2017 auf Facebook ein emotional erschütterndes Briefgedicht, „Dear Poet“. Darin beschreibt er, wie vergeblich die leidenschaftliche Suche des Dichtenden nach Liebe in einer Welt ist, die nicht in der Lage ist, seine Genialität zu würdigen und ihn oder sie mit der gleichen Herzensgüte zu lieben, mit der jene:r die Welt umarmt. In „Dear Poet“ schreibt die Figur im Gedicht an einen ungenannten und möglicherweise jüngeren Dichter: „Eines Tages wirst du dich nach Liebe sehnen, bis dein Herz blutet / bis Tränen deine Augen trüben, bis alles in der Welt dein Leben verbrennt.“ Der finale Ton, den das lyrische Ich anschlägt, ist ebenso beunruhigend wie seine Prophezeiung. Unter Verweis auf Yeats’ Erfahrung der unerwiderten Liebe zu Maud und Iseult Gonne, Edgar Alan Poes künstlerische Fixierung auf die Liebe und Lord Byrons Sehnsucht nach Liebe kommt das Ich zu dem Schluss, dass die Welt glaube, „es sei die Tradition eines Dichters, unerwiderte Liebe zu erfahren“. Im Verweis auf diese herausragenden Persönlichkeiten der irischen, amerikanischen und britischen Dichtung findet Gbolahans Wissen über die Poesie jenseits seines eigenen aufkeimenden Schreibens Widerhall.

In ihrem Gedicht „faith“, das 2018 auf Facebook veröffentlicht wurde, schreibt Nuhu, eine der bekanntesten Dichterinnen dieser Generation, über die persönlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen von Trauer: „Ich glaube an die Locke des Haares / den gequälten Schrei eines halb begrabenen Schmerzes. / das verschmitzte Lächeln der Natur über dem Grün, das den Harmattan küsst.“ Die Sprecherin beklagt das Fehlen von Wahrheit und die Vorherrschaft des Schweigens, die durch das Dunkle verursacht wurde, das sie, ihre Familie und ihr Land heimgesucht hat. Doch ihr Glaube an die erlösende Kraft von Familie und Freundschaft, „wie der heftige Widerstand des Himmels / wenn die Sonne zu sinken beginnt / und ihn zum Überlaufen zwingt“, triumphiert über ihre Angst vor dem „Grabgesang der Stille“, die „wie das Liebeslied zwischen Regen und Fenster“ wogt und ihr die sanfte Beruhigung „des zarten Flecks, der Mitternacht ist“, bietet. Nuhus Aufmerksamkeit für ihre Umgebung hat einen Charme gleich dem, wie ihn nur die Natur in all ihren Schattierungen inspirieren kann.

Neben den großen Themen ist die Sprache der Poesie dieser neuen Generation von Schriftsteller:innen einzigartig. Ogechukwu Kanma Samuels „On the Road of Cumfession“, veröffentlicht am 12. Dezember 2022 auf Facebook, veranschaulicht diesen sprachlichen Einfallsreichtum. In diesem Gedicht erfindet Samuel ein neues Wort, „cumfession“, während er den Widerstreit zwischen den menschlichen Instinkten Vergnügen und Moral untersucht. Auch wenn die Protagonistin des Gedichts den „schlüpfrigen ... Pfad, der zur Absolution führt“ beschreitet und die Last dieser Reise „neun Monate lang“ trägt, bleibt das Vergnügen, das sie auf der „Straße zur Cumfession“ erfährt, wo „ihre Lippen Worte sprachen, / die die Länge der Männer ergriffen“ und „ihre Hände die Männer entlang der Route führten“, am Ende des Gedichts bestehen. Indem er vertraute Bilder des Weltlichen und des Heiligen – „Sperma“ (engl. Im Slang „cum“) und „Beichte“ (engl. „confession“) – sprachlich zu einer Antithese verschmilzt, schafft Samuel rhetorisch eine neue sexuelle Sprache, die unseren Umgang mit Sex und Spiritualität verändert.

Auch Jaachi Anyatonwu verfremdet in „If Your Enemy Thirsts“, das am 11. Dezember 2022 auf Facebook veröffentlicht wurde, den Diskurs über Pädophilie durch eine geistreiche Umkehr der christlichen Vergebungslehre und eine semantische Neukonfiguration der Igbo-Sprache. Das Gedicht beginnt mit der biblischen Anspielung: „Wenn dein Feind Durst hat, gib ihm zu trinken, sagt der Prediger.“ Diese Eröffnung mag den Leser zu der Annahme verleiten, dass er gleich eine weitere Bergpredigt erleben wird, aber dieser erste Eindruck wird durch die folgenden Zeilen zunichte gemacht: „Als Tante Ramotu um ein / Glas Wasser bat, um ihren / Durst zu stillen, fügte ich ein paar Tropfen Sniper hinzu, damit es schmeckt“. Dieser plötzliche Wechsel von Gutmütigkeit zu Brutalität mag die Leser:innen schockieren: warum ist der Sprechende, ein einfaches Kind, zu einem Mord fähig. Möglicherweise ist sich das Kind des Schreckens bewusst, den seine Tat bei den Leser:innen auslösen wird, und liefert einen Kontext für seine Handlung: „Es ist schön, wie sie stillsitzt wie / ein Ölgemälde – leblos – unfähig / mich wieder einzufangen, zwischen / warmen Schenkeln, während die Familie schläft“. Diese Enthüllung, dass das Kind ein Opfer sexuellen Übergriffs durch Ramotu ist, weckt beim Leser Mitgefühl. Nun wirkt die Tat des Kindes wie ausgleichende Gerechtigkeit und nicht wie Mord. Mehr noch, das Kind unternimmt einen beeindruckenden Versuch, den Mord zu rechtfertigen, indem es die biblische Lehre verdreht, mit der das Gedicht eröffnet wurde: „Wenn dein Feind Durst hat, gib ihm zu trinken, sagt der Prediger, / niemand hat gesagt, es müsse reines Wasser sein.“ Anyatonwus linguistische Neuschöpfung in Igbo durch Komprimierung des Ausdrucks „raa m otu“, der wörtlich übersetzt „Sex mit mir“ bedeutet, zu „ramotu“ ist interessant. Aber was er mit dem neu geschaffenen Ausdruck anstellt, ist das Bemerkenswerteste an diesem Gedicht. Anyatonwu prägt der Tante des Kindes „ramotu“ als Namen auf. Diese literarische Onomastik setzt er ein, um das Schwerwiegen der Pädophilie durch die Schurkin zu betonen. Gleichzeitig erhält das Gedicht dadurch metonymische Qualität.

Diese neue Generation von Poet:innen veröffentlicht ihre Werke nicht nur auf Facebook. Sie unterstützen sich auch gegenseitig als Mentor:innen und sorgen dafür, dass ihre Gedichte von hoher Qualität sind. In einem Facebook-Post, mit dem er 2017 die Publikation seiner Sammlung The Origin of Butterflies (2018) ankündigte, bedankte sich Oriogun bei Gbenga Adesina, „der mir letztes Jahr sagte, ich solle weiterschreiben, die Welt werde nur Notiz nehmen, wenn ich weiter an meinem Handwerk arbeite.“ Wie Adesina für die meisten männlichen Dichter, so ist Nuhu für die Dichterinnen dieser Generation eine umtriebige Mentorin. Im Jahr 2021 war sie neben den Dichtern Bash Amuneni und Terfa Danjuma Nenger Jurymitglied beim Minna Poetry Slam. Der Dichter Paul Liam hob Nuhus Glaubwürdigkeit bei der Ausübung dieser Jury-Funktion lobend hervor und äußerte sich auf Facebook wie folgt: „Selbstverständlich ist Nuhu eine außergewöhnliche Dichterin ... Sie hat sich einen soliden Ruf als sozial engagierte Aktivistin erworben, die für die Rechte der Frauen kämpft. Für viele ist sie eine Inspiration, insbesondere für junge Frauen aus dem Norden.“ Die amerikanisch-nigerianische Dichterin Jones organisiert und unterrichtet auch den Singing Bullet Workshop, den sie 2016 gegründet hat, um die Kunst und das Fach der Poesie zu fördern.

Universitäre Studentenzeitschriften förderten die Kreativität dieser neuen Generation von Dichter:innen, indem sie ihre Werke zu Beginn von deren Karriere veröffentlichten. Eine dieser Plattformen war The Muse, eine 1963 von Chinua Achebe an der Universität von Nigeria gegründete Zeitschrift für Anglistik und Literaturwissenschaft, die eine wichtige Rolle in der Entwicklung dieser Dichter:innen spielte. Zwei der ersten Gedichte von Chisom Okafor, „Chains“ und „My Sister Draws Circles“, wurden 2016 in The Muse veröffentlicht, und 2017 gab es mit der Veröffentlichung von Orioguns „Internal Exile“, Tares Oburums „Homesong“, Anowes „Fugitive“ und Agus „Remembering Loss“ eine reiche Ernte an Gedichten. Die jungen Dichter:innen in Nsukka und ihre Kolleg:innen an anderen nigerianischen Hochschulen begannen, in The Muse zu publizieren, bevor sie ihre Werke an andere Institutionen schickten. The Muse fördert dies, da sie eine themenunabhängige Zeitschrift ist und Preise zur Belohnung hervorragender Einsendungen ausschreibt und finanziert. Während diese jungen Dichter:innen in die Fußstapfen einer langen Reihe von Vorgänger:innen wie Emmanuel Obiechina, Romanus Egudu, Dubem Okafor, Sam Ukala, Mamman J. Vasta und Nnimo Bassey in ihrer literarischen Verbindung mit The Muse treten, haben sie 2016 unter der Redaktion von Arinze Ifeakandu den strategischen Schritt unternommen, Band 44 der Zeitschrift zu digitalisieren. Im selben Jahr wurden die folgenden Werke neuer nigerianischer Dichter:innen in The Muse veröffentlicht: „Monalisa“ von D. E. Benson, „Uganda Shore“ von Kelechi Ezeigwe, „If God Is a Pimp“ von Confidence Jideofor und „Love Birds“ von Adaeze Michael.

Ein solch früher Start, der durch die Facebook-Veröffentlichungen und den Einfluss von The Muse veranschaulicht wird, führte dazu, dass die literarische Qualität der Werke dieser neuen Dichter:innengeneration von nationalen und internationalen digitalen Magazinen und Zeitschriften aufgegriffen wurde: Sie begannen, deren Gedichte sowohl elektronisch als auch in gedruckter Form anzunehmen und zu veröffentlichen. Afrikanische Online-Blogs und -Listservs wie Krazitivity und Ederi, die in den späten 1990er Jahren entstanden, und das 2004 gegründete African Writer Magazine boten Dichtern wie Afam Akeh, Amatoritsero Ede, Olu Oguibe, Chuma Nwokolo und vielen anderen Dichter:innen der dritten Generation eine Plattform zur Veröffentlichung, Praxis Magazine, Enkare Review, Brittle Paper, Expound, Jalada, Lunaris Review, Words, Rhyme & Rhythm, Isele Magazine und andere digitale Publikationsplattformen spielen eine wichtige Rolle bei der Karriereförderung der Generation der unter Vierzigjährigen. Praxis trug aber auch dazu bei, ihre Gedichte durch die innovative Einführung der Chapbook-Reihe von Laura Kamisnki einem breiteren digitalen Publikum zugänglich zu machen. Orioguns Burnt Men war die zweite Veröffentlichung in der Chapbook-Reihe, die im März 2016 gestartet wurde. Mit der Veröffentlichung von Burnt Men, dem ersten Gedichtband, der sich mit dem Leben und den Lebensumständen schwuler Männer in Nigeria befasst, hat Oriogun den Queer-Diskurs in der modernen nigerianischen Poesie verstärkt. Während die Dichter:innen der dritten Generation Nigeria als Opfer der Tyrannei seiner Politiker:innen betrachteten, macht diese neue Generation das Land für die Ausgrenzung, Kriminalisierung und Ermordung seiner Bürger:innen verantwortlich.

Neben Praxis hat sich Brittle Paper aktiv für die Förderung der nigerianischen Poesie eingesetzt, insbesondere indem es als Sammelbecken für junge nigerianische Dichter im Inland und in der Diaspora dient. Die Einführung des Brittle Paper Award im Jahr 2017, mit dem die besten, originellen, online veröffentlichten afrikanischen Texte „ ausgezeichnet werden, hat nicht nur dazu beigetragen, die Talente dieser neuen Dichter zu entdecken und auszuzeichnen, sondern auch die Bedeutung des digitalen Publizierens im 21. Anowe gewann den Preis 2017 für sein Gedicht „Credo to Leave”, das eine sexuelle Verletzlichkeit beschreibt, die gewagt und unprätentiös ist, während es das traumatisierte Leben eines jungen Menschen am Rande des Wahnsinns beleuchtet. Adesina und Oriogun waren im selben Jahr für den Preis nominiert, und zwar für ihre Gedichte „How to Paint a Girl”, das im The New York Times Magazine veröffentlicht wurde, und „Metamorphosis”, das in Brittle Paper erschien. 2018 gewann Jones den Preis für „A Field, Any Field”, ein autobiografisches Gedicht, in dem sie das Symbol des Feldes als Grund des Kampfes verwendet, um einen persönlichen Angriff durch ihren Liebhaber zu beschreiben. In einer Rede über das Gedicht kurz nach dem Gewinn des Brittle Paper Award reflektiert Jones über ihre Erfahrung mit den therapeutischen Möglichkeiten der Poesie: „Das Gedicht erlaubt mir, das zurückzufordern, was mir fast genommen wurde – meine Würde, die Bezeichnung als Tragödie und bis zu einem gewissen Grad auch, weil ich fast beschämt war, mich zu fügen.” Okafor stand 2018 auf der Shortlist für den Preis für sein Gedicht „I Like to Think I'd Yet Manage to Weave Words into Poems”, das in Expound veröffentlicht wurde. Über diese Preise hinaus beteiligt sich Brittle Paper weiterhin an der Förderung neuer nigerianischer Lyrik, indem es diese Generation von Dichter:innen veröffentlicht.

Trotz der internationalen Präsenz und vielversprechenden Renommees, das Literaturmagazine zeitgenössischen nigerianischen Dichter:innen bieten, zieht Adeyemi seine bisherigen Erfahrungen mit dem Schreiben und Veröffentlichen auf Facebook vor, da er bei Magazinen keine Autonomie über die Prozesse der Produktion, Verbreitung und Bewertung seiner Arbeit hat. Am Beispiel der späten Zusagen erklärt er, dass dieser Verlust an Handlungsfreiheit genau den Ruf schädigen, den Zeitschriften aufbauen sollen. „Am schmerzhaftesten ist für mich vielleicht”, schreibt Adeyemi, „dass der Dichter, wenn eine Neuerscheinung herauskommt, meist schon über das kreative Stadium hinaus ist, da es bisweilen Monate oder sogar Jahre dauert, bis das Gedicht oder die Gedichte ein Zuhause gefunden haben.” Ademeyi stellt sich vor, dass dieses „Entfaltungsdilemma”, wie er seine Situation beschreibt, die Kritiker:innen, die den literarischen Werdegang seiner Generation untersuchen, vor Herausforderungen stellen kann. Aber diese Beschränkungen lassen sich minimieren oder sogar überwinden durch historische Ressourcen, die in Form von literarischen Interviews, Reiseberichten, Tagebüchern, Memoiren und anderen Lebensbeschreibungen zur Verfügung stehen.

Das Lagos International Poetry Festival hat dazu beigetragen, diese neuen Dichter:innen ins Rampenlicht zu rücken. Seit seiner Gründung im Jahr 2015 durch Efe Paul Azino ist das LIPFest zu einem der bemerkenswertesten und einflussreichsten Literatur- und Kulturfestivals Afrikas geworden, vor allem durch die erfolgreiche Zusammenführung eines breiten Spektrums etablierter Schriftsteller:innen und Denker:innen aus der ganzen Welt, mit dem Ziel, aufstrebende afrikanische Schriftsteller:innen durch Poesie-Workshops, intellektuellen Austausch und Vorträge grundlegender Art zu unterstützen. Beim Festival 2019 traten junge nigerianische Dichter:innen auf, die strategische Funktionen wahrnahmen: Jones hielt eine Meisterklasse über das Handwerk der Poesie und February über die Poetik des Begehrens und February, Anowe und Agu bildeten ein Panel, das vom Herausgeber des Open Magazine, Otosirieze Young-Obi, moderiert wurde und die Werke neuer nigerianischer Dichter:innen diskutierte und nützliche Interpretationen ihrer Poetik anbot. Außerdem nahmen alle oben genannten neuen Dichter:innen sowie ihre Zeitgenoss:innen wie Ayinla, Okafor und Ogunyemi an einer Lyrik-Masterclass teil, die von Kaveh Akbar, Autor von Pilgrim Bell (2021) und Professor an der University of Iowa, geleitet wurde.

Ebenso bemerkenswert sind die Beiträge im Rahmen des Eriata Oribhabor Poetry Prize, der 2012 vom nigerianischen Verlag Words Rhyme & Rhythm in Zusammenarbeit mit dem Dichter Oribhabor ins Leben gerufen wurde. Die Gründungsvision des Preises ist es, „der nigerianischen Dichtung die dringend benötigte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und junge nigerianische Dichter:innen zu ermutigen, die Poesie als Werkzeug für den sozialen Wandel zu nutzen.” Außerdem gibt es Poets in Nigeria, ein Forum für junge nigerianische Dichter, das 2015 von Oribhabo gegründet wurde, um nigerianische Poesie zu fördern. Die vielleicht herausragendste Initiative von Poets in Nigeria ist die Einrichtung des Nigerian Students Poetry Prize im Jahr 2016 mit dem Ziel, „literarische Kreativität anzuregen und kritisches Denken unter nigerianischen Studierenden zu fördern.” Seitdem hat der Preis konsequent die kreativen Talente junger nigerianischer Dichterinnen und Dichter identifiziert und gefördert, sie materiell belohnt und ihre Werke veröffentlicht. Bisher sind aus den Longlist-Beiträgen für den Preis die folgenden Anthologien entstanden: The Sun Will Rise Again (2016), Mixed Histories (2017), Deep Dreams (2018), Micah (2019), The House That Built Me (2020) und Portrait of Water (2021). Okafor, ein prominentes Mitglied dieser neuen Generation nigerianischer Dichter:innen, war der zweite Preisträger des ersten nigerianischen Studentenpreises für Lyrik. Auch Adeyemi, der Hauptpreisträger des Preises 2021, entwickelt sich schnell zu einem bemerkenswerten Dichter unter seinen Zeitgenoss:innen.

Wie der Eriata Oribhabor Poetry Prize ist auch der Brigitte Poirson Poetry Contest – der 2015 zu Ehren des französischen Dichters und Übersetzers Poirson ins Leben gerufen wurde, um junge nigerianische Dichter:innen auszuzeichnen, deren Talente meist unterschätzt werden – eine Initiative von Words Rhyme & Rhythm. Unter der Schirmherrschaft von Poirson und Kukogho Iruesiri Samson gaben die monatlichen Wettbewerbe den Anstoß für den literarischen Durchbruch einiger der erfolgreichsten Dichter:innen der neuen Generation, die den Preis in der Vergangenheit gewonnen hatten: Agarau, Eze und Kingdavid im Jahr 2015, Kanyisola Olorunnisola im Jahr 2016, Oka Benard und Emmanuel Faith im Jahr 2017 und Tukur Olorunloba Ridwan und Ogedengbe Tolulope Impact im Jahr 2018. Poirson führt die Inspiration für die Gründung des BPPC auf ihre Faszination für die „kenntnisreichen Talente junger nigerianischer Schriftsteller in den sozialen Netzwerken” zurück, die sich „in einem sehr rauen Umfeld nach Anerkennung sehnten”. Damit scheint sie Femi Osofisans Worte über die Schwierigkeiten nigerianischer Schriftsteller in seiner Ansprache bei der feierlichen Eröffnung der Ebedi Writers Residency wiederzugeben, einer literarischen Initiative, die 2010 von Wale Okediran gegründet wurde, um afrikanischen Schriftsteller:innen, die ihre laufenden Werke vollenden wollen, einen kostenlosen und förderlichen Schreibraum zu bieten. Bei der Beantwortung der Frage „Warum brauchen Schriftsteller überhaupt eine solche Förderung?” erklärt Osofisan, dass nigerianische Schriftsteller:innen „Hilfe brauchen, weil das Schreiben in unserem Land zwar mühsam, aber noch nicht lukrativ ist.”

Literaturpreisverleihende Einrichtungen wie die Babishai Niwe Poetry Foundation, die 2008 von der ugandischen Dichterin Beverly Nambozo Nsengiyunva gegründet wurde, um die Werke aufstrebender afrikanischer Dichterinnen und Dichter zu fördern, und der Brunel International African Poetry Prize, der 2013 von Bernadine Evaristo ins Leben gerufen wurde, haben dazu beigetragen, dass die Werke neuer nigerianischer Dichterinnen und Dichter zusammen mit denen ihrer Kollegen aus ganz Afrika und der Diaspora weltweit anerkannt werden. Die Longlist des Babishai Niwe Poetry Award 2018 könnte man als eine nigerianische Liste bezeichnen, denn es gibt eine überwältigende Anzahl neuer nigerianischer Dichter:innen, deren Werke ausgezeichnet wurden. Von den fünfunddreißig auf der Longlist aufgeführten Dichter:innen dominierten sechsundzwanzig Nigerianer:innen die Liste, darunter Adeyemi, Agarau, Osadolor Osayande, Nebeolisa und Salawu Olajide. Mit der Verleihung des ersten Preises an den in Kenia geborenen somalisch-britischen Dichter Warsan Shire erklärt Evaristo, warum der Brunel-Preis ins Leben gerufen wurde. Angesichts der geringen Anzahl von Preisen für afrikanische Dichtung im Vergleich zur Belletristik betont sie ihre Überzeugung, „dass auch die Poesie des Kontinents einen Preis gebrauchen könnte, um die Aufmerksamkeit auf sie zu lenken und eine neue Generation von Dichtern zu fördern, die eines Tages international präsent sein könnten”. Die folgenden neuen nigerianischen Dichter haben den Brunel-Preis gewonnen: Adesina und Chekwube O. Danlandi im Jahr 2016, Oriogun im Jahr 2017 und Othuke Umukoro im Jahr 2021. Darüber hinaus wurden im Laufe der Jahre einige ihrer Zeitgenoss:innen für den Preis nominiert: Inua Ellams in den Jahren 2014, 2015, 2019 und 2020; Kechi Nomu und Gbolahan im Jahr 2017; Gbenga Adeoba und Theresa Lola im Jahr 2018; Mary-Alice Daniel, Omotara James und Selina Nwulu im Jahr 2019; Oluwadare Popoola und Yomi Sode im Jahr 2021; und Okafor und Adedayo im Jahr 2022.

Der Brunel International Africa Poetry Prize verdankt seinen Erfolg zu einem großen Teil der Partnerschaft und der Unterstützung des von Kwame Dawes 2012 gegründeten African Poetry Book Fund, der „die Entwicklung und Veröffentlichung der poetischen Künste durch seine Buchreihen, Wettbewerbe, Workshops und Seminare sowie durch seine Zusammenarbeit mit Verlagen, Festivals, Booking-Agenten, Hochschulen, Universitäten, Konferenzen und allen anderen Einrichtungen, die ein Interesse an den poetischen Künsten Afrikas haben, fördert und vorantreibt.” Die 2014 vom African Poetry Book Fund ins Leben gerufene Chapbook-Reihe „New Generation African Poetry”, die die „besten Gedichte afrikanischer Dichter von heute” auszeichnen soll, hat maßgeblich zur Entfaltung neuer nigerianischer Dichter:innen beigetragen. So wurde das von Dawes und Chris Abani herausgegebene Chapbook 2017 mit Werken neuer nigerianischer Dichter:innen wie Danlandi, Mary-Alice Daniel und Ejiofor Ugwu im Vogue Magazine von der simbabwischen Schriftstellerin Tariro Mzezewa vorgestellt, die bemerkte, dass die „Anthologie [sie] daran erinnert, dass Poesie ... die Frauen, Immigranten und People of Color eine Stimme gibt, einen wichtigen Platz im Kampf gegen Demagogie einnimmt – und dass die Geschichte sich an die Art und Weise erinnern wird, wie wir die Schwächsten unter uns behandeln.” Eine weitere Initiative des African Poetry Book Fund ist der Sillerman First Book Prize for African Poetry, der 2017 ins Leben gerufen wurde und „jährlich an einen afrikanischen Dichter vergeben wird, der noch keine Gedichtsammlung veröffentlicht hat, mit einer Geldprämie von 1.000 US-Dollar und einer Buchveröffentlichung durch die University of Nebraska Press und Amalion in Senegal.” Zwei neue nigerianische Dichter, Tares Oburum und Abu Bakr Sadiqq, gewannen den Preis in den Jahren 2022 bzw. 2023. Außerdem wurden die folgenden Gedichtbände der neuen nigerianischen Generation von der University of Nebraska Press über den African Poetry Book Fund veröffentlicht: Orioguns Sacrament of Bodies und Adeobas Exodus im Jahr 2020 und Dzukogis Your Crib, My Qibla im Jahr 2021, um nur einige zu nennen.

Die vielleicht aussagekräftigste Würdigung der strategischen Interventionen der Werke dieser Facebook-Autor:innen und ihrer Zeitgenoss:innen findet sich in der Erklärung der Jury des Nigeria Prize for Literature, die Agemas Memory and the Call of Water (2021), Orioguns Nomad (2021) und Dzukogis Your Crib, My Qibla für ihren Lyrikpreis 2022 in die engere Wahl gezogen hat, mit folgenden Bemerkungen: „Memory and the Call of Water ist eine Sammlung, die konsequent die Erinnerung nutzt, um über das Leben und das Schicksal durch die Metapher des Wassers zu reflektieren, Nomad weist eine erfrischend neue Sprache und eine nostalgische Auseinandersetzung mit den Themen Exil und Vertreibung auf, während Your Crib, My Qibla die Tragödie in lyrische Poesie mit Pathos und müheloser Bildsprache übersetzt.” Der mit 100.000 Dollar dotierte Literaturpreis, der 2014 von Nigerian Liquefied Natural Gas ins Leben gerufen wurde, um „Exzellenz und Kunstfertigkeit” zu artikulieren und zu untermauern, ist laut Diala „in seinem symbolischen Wert von seinem anfänglichen Fokus auf die Erneuerung der Qualität des Verlagswesens im Land zur wohl mächtigsten kulturellen Institution für die Validierung nigerianischer/afrikanischer Ansichten über künstlerische Exzellenz aufgestiegen.” Mit der Auswahl von Memory and the Call of Water, Nomad und Your Crib, My Qibla aus einer Longlist von elf Gedichtbänden, von denen die meisten von etablierten Dichtern der dritten Generation verfasst wurden, übte die NLNG-Jury die Macht der literarischen Kanonisierung und Legitimierung aus, indem sie, wie Frank Kermode es ausdrückt, „bestätigte, dass einige Werke wertvoller sind als andere und mehr Aufmerksamkeit verdienen.” Es ist auch diese kanonisierende und legitimierende Kraft, die die Vereinigung nigerianischer Autor:innen bei der Verleihung ihres 2022 Preises für Lyrik an Agema für seine oben genannte Sammlung ausübte. Vielleicht ist es sinnvoll, zu erwähnen, dass das Auftauchen von Orioguns Sammlung A Gathering of Bastards als Finalist für den National Book Critics Circle Award 2023 die nigerianische Lyrik neben das Beste der amerikanischen Literatur stellt.

Es gibt kaum eine Generation von Schriftsteller:innen, bei denen die Auseinandersetzung mit Themen und Stil monolithisch ist, daher behaupte ich nicht, dass diese neue Generation von Dichter:innen auf dieselbe Weise oder über dieselben Themen schreibt. Vielmehr möchte ich betonen, dass die meisten von ihnen ähnlichen Erfahrungen im Umgang mit der Globalisierung hervorgegangen sind und auf diese Realität in einer Weise reagieren, die es in der nigerianischen Dichtung vor ihnen nicht gab. Facebook, das zur Demokratisierung des Denkens, zur „Dorfisierung“ des Globus und zur Globalisierung des Dorfes geführt hat, war hilfreich, um die reichhaltigen sozialen und kulturellen Gespräche voranzutreiben, die den poetischen Kern dieser neuen Generation bilden, ob sie nun aus dem Land oder aus dem Ausland schreiben, ob sie über Nigerianer:innen in der Heimat oder in der Diaspora schreiben, ob sie gegen soziale Ungerechtigkeit protestieren oder einfach nur ihre Frustrationen als Nigerianer:innen oder als Erb:innen der Zerrissenheit ihrer literarischen Vorgänger:innen abbauen. Wenn diese Gebrochenheit in der Poesie der dritten Generation „eine Leichtigkeit des Seins“ hervorgerufen hat, wie Garuba meint, so hat sie nun bei dieser neuen Dichter:innengeneration eine nahezu bekenntnishafte Haltung gezeitigt. Sie bekennen sich nicht zu Schuld oder Scham, sondern zu der unerträglichen Last, Nigerianer:in zu sein. Diese Facebook-Autor:innen sind eine federleichte Generation, die keine starre ideologische Verwurzelung hat, sondern vielmehr eine, die in der Magie und dem Wunder des Selbst, in der geistigen und emotionalen Freiheit begründet ist.